Um sich vor dem Zugriff der Justiz zu schützen, demontiert Italiens Regierungschef und Medienzar Silvio Berlusconi den Rechtsstaat. Wie die Mehrheit der Italiener schaut Europa irritiert zu.

Zur feierlichen Eröffnung des juristischen Jahres 2002 sprach Mailands scheidender Generalstaatsanwalt Francesco Saverio Borrelli vor Würdenträgern aus Justiz, Politik und Kirche. Es ging um italienischen Heldenmut wie einst "am Ufer der Piave".

So wie dort, anno 1917, die tapferen Söhne des Landes österreichischen Invasoren trotzten, warb Borrelli mit bewegter Stimme, müsse Italien heute der Rechtspolitik der Regierung Berlusconi "widerstehen, widerstehen, widerstehen". Nichts Geringeres als die "Unabhängigkeit der Justiz" und die "Herrschaft der Gesetze" stünden auf dem Spiel.

Hunderte von Richtern, Staatsanwälten und Jura-Professoren treibt die gleiche Sorge um: Mit der geplanten neuen Justizverfassung wolle die Regierung die Rechtsprechung an die Kette legen. Italien, warnt Borrellis Kollege Gerardo D'Ambrosio, erlebe "den heikelsten Moment" seiner Nachkriegsgeschichte: Es drohe "die Nacht der Demokratie".

[spiegel.de]